Wie VW Seat in Form bringen will

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    • Wie VW Seat in Form bringen will

      VW-Chef Martin Winterkorn war mit Audi erfolgreich, mit Seat nicht. Neue Modelle sollen die vernachlässigte Marke beleben

      Hätte Chefdesigner Luc Donckerwolke seinen Stift auf einem weißen Blatt Papier ansetzen dürfen, wäre wohl eine traumhaft schöne Limousine entstanden. Wenn das Kribbeln beim Anblick des neuen Seat Exeo nun fehlt, hat das seinen Grund: Das neue Spitzenmodell der spanischen VW-Tochter ist ein Ableger des alten Audi A4, dessen Fertigungsanlagen nach Spanien umgesetzt wurden. Nur an Bug und Heck ist er auf Seat geschminkt; auch innen zeigt der vom A4 Cabrio stammende Instrumententräger, dass hier mit sehr spitzem Bleistift kalkuliert worden ist.

      Das erstaunt umso mehr, als Seat 2007 mit einem Nettogewinn von 170 Millionen Euro ein Jahr früher als geplant in die Gewinnzone zurückgekehrt ist. Für Erich Schmitt, der 2006 als Seat-Chef antrat, gibt der Exeo dennoch ein wichtiges Aufbruchsignal: Weil er die längst überfällige Rückkehr in Sparten einleitet, in denen Seat früher einmal erfolgreich war.

      Nach und nach arbeitet VW nun Erblasten aus der Zeit ab 2000 auf, als Seat zusammen mit Audi und Lamborghini zur sportlichen "Südgruppe" des VW-Konzerns gehörte. Von 2002 bis 2007 wurde sie vom heutigen Volkswagen-Chef Martin Winterkorn geführt. Mit Winterkorns Wechsel auf den Chefstuhl des VW-Konzerns wurden die Markengruppen abgeschafft. Aber manche Fehlentscheidung aus dieser Ära hat für Seat bis heute Nachwirkungen. Zum "Alfa Romeo des VW-Konzerns" wollte der heutige VW-Aufsichtsrat Ferdinand Piëch Seat einst machen - und köderte sogar Alfa-Designchef Walter de'Silva. Die ersten unter de'Silvas Regie entstandenen Neuheiten wie der Altea oder der Leon waren optisch eindrucksvoll. Doch schon bald wechselte der Italiener zu Audi. Und damit war der Elan bei Seat auch schon wieder erschöpft.

      Am Design liegt es aber am wenigsten, dass Seat noch immer keine Erfolgsgeschichte ist. Während mit Skoda eine andere VW-Tochter großen Zuspruch findet, mangelt es den seit 1990 zu VW gehörenden Spaniern sowohl an einem Klein- wie einem Mittelklassewagen. Mit dem Exeo sollen ab März 2009 einkommensstärkere Familienväter und Dienstwagenfahrer zurückerobert werden. Die Kleinwagenlücke wird erst 2012 geschlossen: Mit einem Ableger des VW Up. Auch einen Kombi wie den Cordoba Vario oder einen kompakten Geländewagen gibt es bei Seat nicht.

      Der Exeo Sports Tourer (Mitte 2009) und die Serienversion der 2007 in Genf gezeigten SUV-Studie Tribu werden diesen Leerraum mit Leben füllen. Bis dahin muss der neue Ibiza Seat fast alleine unter Dampf halten. Denn der Nachfolger des siebensitzigen Alhambra ist erst für November 2009 eingeplant - erneut als Bruder des VW Sharan. Und der Toledo geriet gar zum Flop: Zu eigenwillig ist sein Heck geformt, zu wenig setzt er sich vom technisch identischen Altea ab.

      Als Folge des wenig homogenen Programms sind die Seat-Zahlen seit Längerem auf Talfahrt: Von Januar bis September 2008 fiel der weltweite Absatz auf 287 692 Autos und damit 10,2 Prozent. Im gleichen Zeitraum verkaufte dagegen Skoda nur in Europa 450 439 Fahrzeuge. Auch in Deutschland driften die Marken auseinander: Während Skoda mit einem Plus von 5,2 Prozent auf 94 739 Fahrzeuge stieg, sackte Seat um 5,6 Prozent auf 38 291 Einheiten ab. Skoda hat als zweitstärkster Importeur einen Marktanteil von 4,0 Prozent, Seat dümpelt bei 1,6.

      Mit dem als Qualitätsfanatiker bekannten Ex-Audi-Einkaufs- und Finanzvorstand Schmitt an der Spitze und einem Investitionspaket von 4,5 Milliarden Euro für zehn Jahre bereitete Volkswagen Spekulationen über einen Verkauf der Problemtochter ein Ende.

      Schmitt muss nun die Lücken im Programm füllen und das Image der Marke um neue Werte ergänzen. Emotional ansprechend geformt sollen die Autos bleiben, doch will Schmitt zugleich "deutsche Tugenden" betonen. Denn genau darin liegt der Grund für den Erfolg Skodas: Durch Qualität und VW-Technik legte Skoda in Windeseile sein Ostblock-Image ab.

      Mitunter wird Schmitt schon morgens um sechs Uhr im Werk gesehen. Meetings beginnen bei ihm spätestens um 7.30 Uhr. Das Designcenter mit seinen 120 Mitarbeitern hat er vom 40 Kilometer entfernten Badeort Sitges direkt ans Werk in Martorell bei Barcelona verlegt. "Das schafft kurze Wege zwischen Designern, Konstrukteuren und Produktionsfachleuten", sagt er. An einen Seat Roadster, wie er schon einmal als Studie "Tango" gezeigt wurde, denkt Schmitt nicht. "Erst die Pflicht, dann die Kür", lautet sein Credo. "Der Kleinwagen auf Up-Basis ist für uns viel wichtiger als ein solches Spaßauto." Ob ihn der Skoda-Erfolg schmerzt? "Nein, er spornt mich vielmehr noch an", sagt Erich Schmitt.

      Quelle: welt.de


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